Wenn Bürger und Geflüchtete gemeinsam ein Haus bauen

01.02.20

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Milan Pribnow baut im Auftrag von fördern und wohnen (f & w) mit einer Gruppe Freiwilliger das Begegnungshaus am Poppenbütteler Berg aus. Zukünftig sollen hier Nachbarinnen und Nachbarn mit und ohne Fluchthintergrund zusammenkommen. Täglich sind er und sein Zimmer-Kollege Jan-Hendrik Bock vor Ort und beraten, begleiten und leiten an. Zudem koordiniert Pribnow die Abläufe und ordert das Material. Im Frühjahr soll das Begegnungshaus bezugsfertig sein. Dann übergibt f & w als Bauherr das Haus an den künftigen Betreiber Christlicher Verein Junger Menschen (CVJM).   

Wir haben uns mit Milan Pribnow darüber unterhalten, wie so ein Selbstbau-Projekt funktioniert und was das Begegnungshaus auszeichnet.

Was baut ihr alles selbst?

Im Begegnungshaus übernehmen wir die Aufgaben unterschiedlicher Gewerke im Innenausbau: Trockenbau, Maler-, Holz- und Putzarbeiten. Wir legen Parkett und Fliesen sowie die Rohre für die Elektrik selbst. Wir machen alles außer der Gebäude- und Haustechnik, der Elektrik und dem Fensterbau. Die Gebäudehülle und Statik stand bereits.

Wie läuft so ein Bau-Projekt auf freiwilliger Basis?

Im Selbstbau ist nicht alles genau planbar. Mal stehen wir mit 3, mal mit 8 Helferinnen und Helfern hier. Da alles freiwillig ist, verteile ich keine Aufgaben, sondern frage in die Runde, wer was tun will. Jeden Schritt begleite ich hier und treffe natürlich die Entscheidungen. Aber es macht sehr viel Spaß mit den Engagierten, Mieterinnen und Mietern und Nachbarinnen und Nachbarn zusammenzuarbeiten. Wir kommen wirklich gut voran. 

Hast du schon mal ein Projekt mit Freiwilligen oder Laien gemacht?

Als Zimmer-Meister habe ich ausgebildet. Ich habe 17 Jahre Berufserfahrung, auf vielen Baustellen gearbeitet, manchmal auch mit Bauarbeitern ohne Deutsch-Kenntnisse über Sprachhürden hinweg. Da zeigt man einfach, was getan werden muss. Hier sprechen aber alle, auch die Freiwilligen mit Fluchterfahrung, deutsch. Eine soziale Ader muss man schon haben.

Was ist euch wichtig beim Innenausbau?

Wir achten darauf, dass umweltschonende und natürliche Materialien eingesetzt werden. Die Farben sind ökologisch und die Fassade wird aus Lärchenholz sein. Der ressourcenschonende Umgang mit Materialien ist für mich selbstverständlich. Ich habe in einem baubiologischen Fachbetrieb gelernt. Im Architektur-Studium beschäftigte ich mich in meiner Masterthesis mit Holzhäusern in Modulbauweise und seitdem mit nachhaltigem Bauen.

Was ist das Besondere?

Farben und Materialien haben wir in Baubesprechungen in der Selbstplaner-Gruppe von 30 bis 40 Personen festgelegt. Verschiedene Blau-Töne werden den Raum dominieren – in Kombination mit Holz, Lehm und Kalkputz.

Außerdem setzen wir hier richtig handwerkliche Traditionen um. Die Wände des Begegnungshauses werden mit einem Lehmputz verkleidet – natürlich ganz zeitgemäß mit Putzmaschine. In der Küche kommt Tadelakt zum Einsatz, ein Kalk-Putz, den man aus Badehäusern den marokkanischen Raum kennt. Einer unserer freiwilligen Helfer ist ein totaler Fan davon. Expertinnen und Experten zeigen uns in Workshops, wie es geht.

Was hat dich bisher besonders überrascht oder gefreut?

Einer der Freiwilligen von Poppenbüttel hilft e. V. war vom Lehmputz so begeistert, dass er die Methode bei Renovierungen in seinem Haus nutzen will. Es ist toll, wenn ich über diesen Weg Menschen für eine nachhaltige und ökologische Bauweise begeistern kann.

Auch dass Osama sich nach seinem Praktikum hier weiterhin jeden Tag engagiert, finde ich toll. Man erfährt in dem Zusammenhang natürlich auch seine persönliche Geschichte, die von einer langen Flucht mit vielen Durchgangsstationen und schlimmen Erfahrungen geprägt ist. Er will hier ankommen, das wünsche ich ihm.

Mehr erfahren: Engagement bei f & w

Bauleiter Milan Pribnow (l.) steht mit Thomas Littmann, Initiator des Vereins „Poppenbüttel Hilft“, vor den Bauplänen.Foto: Andreas Laible / Andreas Laible / FUNKE Foto Services

Bauleiter Milan Pribnow (l.) steht mit Thomas Littmann, Initiator des Vereins „Poppenbüttel Hilft“, vor den Bauplänen.

Foto: Andreas Laible / Andreas Laible / FUNKE Foto Services